San Antonio auf dem Weg in die Zukunft

Am zweiten Tag dieser Reise statteten wir der 1,4 Mio-Stadt San Antonio einen Besuch ab. Als Auftakt war eine Besichtigung des Southwest Research Instituts (SwRI) angesagt, wo 2800 Mitarbeiter einen der EMPA-ähnlichen breiten Forschungsradius abdecken, sie sind zu 55% mit öffentlichen Geldern und zu 45% über Industrieaufträge finanziert. Interessant  waren die neusten Entwicklungen im Turbinenbereich, wo zusammen mit dem Departement of Energy sowie GE an superkritischen CO2-Turbinen geforscht sowie Miniturbinen von 1 – 15 MW entwickelt werden. Ein breites Angebot wurde uns auch bei den Batterien präsentiert, wo neben Tests von EV-Batterien von Tesla, VW, Chevrolet auch an der Entwicklung neuer leistungsstärkerer Batterien gearbeitet wird.  Das SwRI ist auch ein gefragter Begleiter für Firmen und öffentliche Partner bei der Entwicklung von Nachhaltigkeits- und Klimastrategien.

Smart, Datenberge und die Tech-Konzerne

Verschiedene Kurzreferate befassten sich am zweiten Reisetag mit Entwicklungen auf Quartierebene, smart Grids, smart Cities und Smart Utilities. Dabei wurde klar, dass der Umstieg der EVUs vom bisherigen Anbieter von Wasser, Gas und Elektrizität zu einem modernen Dienstleister auch eine Frage der vorhandenen Skills sowie der digitalen Kompetenz ist. Denn durch das Einsetzen von immer mehr Mess- und Controllinstrumenten kommen grosse Datenberge zusammen, welche gezielt genutzt und für die Produktgestaltung wie auch für die Steuerung und den vorausschauenden Unterhalt eingesetzt werden müssen. Leicht kommen die diversen lokalen Einsteiger in diese smarte Welt in direkte Konkurrenz zu den grossen Tech-Konzernen wie Google, Facebook etc., welche das Sammeln von Daten in verschiedensten Bereichen bereits erfolgreich erprobt haben und mit ihrer ganzen Kraft in die Energiemärkte einsteigen könnten.

Der Weg des lokalen EVU

Der CEO des lokalen EVU CPS von San Antonio, Cris Eugster, präsentierte eindrücklich den Weg vom Monopolisten mit Beteiligungen an Nuklear- und Gaskapazitäten in die Energiezukunft:  im Mittelpunkt stehen nun Wind- und Solarkraftwerke, Investitionen in die Energieeffizienz machen Sinn, Speicherung ist ein wichtiges Thema, zudem ist Flexibilität beim Bezug eine Trumpfkarte. So mietet das EVU bei den Kunden die Dächer, versieht diese mit kleinen PV-Anlagen und gibt den daraus bezogenen Strom den Hauseigentümern zu günstigen Konditionen ab (das nennt man Kundenbindung). Bei 130‘000 Kunden sind Thermostaten eingesetzt, welche dank zentraler Steuerung mithelfen die teuren Peaks (bis 9800 Dollar pro MWh) zu vermeiden.

Die Pläne der Stadtverwaltung

Die Chefin des Nachhaltigkeitsbüros der Stadt San Antonio präsentierte den städtischen Plan, um 2050 klimaneutral zu sein. Dabei wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahrhundertende die Durchschnittstemperatur bis zu 5 Grad steigen und die Zahl der Hitzetage sich um 94 erhöhen kann. Im Bereich des Verkehrs soll rasch auf elektrische Autos umgestiegen und der Energiebedarf der Gebäude massiv reduziert werden. Obwohl man in den nächsten 10 Jahren bis zu einer Million neue Einwohner erwartet, hofft man, die Ziele mit klugen Plänen zu erreichen. Was alles zu tun ist, scheint teilweise noch offen, nicht zufälligerweise befindet sich aktuell der Bürgermeister auf einer Klimakonferenz der Green-Cities in Kopenhagen, um neue Inputs sowie Projekte kennenzulernen.

Spannende Fallbeispiele und Laborangebote

Breites Interesse fand auch die Präsentation der Hochschule Luzern zu dem dort entwickelten Labor Energy Hub, welches beim Aufbau von Quartierlösungen Unterstützung bietet. Bruno Storni präsentierte den Einsatz von smart meters in der Wasserversorgung der Gemeinde Gordola, womit gezielt Lecks gesucht und behoben werden können, sodass die Wasserverluste deutlich reduziert werden konnten. Präzise Wettervorhersagen sind bei vermehrtem Einsatz von Erneuerbaren matchentscheidend: einen neuen mit viel Bildverarbeitung gekoppelten Ansatz präsentierte Walter Richardson von der Universität Texas.

Crowd-Energy als Zukunftsmodell?

Kirstin Stadelmann von der Uni Fribourg berichtete von ihren Studien zum Einsatz der in der Mobilität breit eingeführten Sharing-Ansätze in der Energieversorgung. Konsumenten sollen zu Prosumenten werden und gemeinsam für ihre Energieversorgung Verantwortung übernehmen. Bereits wurden im Sinne des Design-Thinkings Typen von möglicherweise interessierten Bürger identifiziert, wobei in der Schweiz ja mit den Möglichkeiten des Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) bereits erste konkrete Erfahrungen ausgewertet werden könnten.

Zum Abschluss ein Baustellenbesuch

Bevor es zum Nachtessen ging, zogen wir alle Gilets jaunes, Helme sowie Schutzbrillen an und besichtigten den 12-stöckigen Neubau einer lokalen Kreditfirma, welche das LEED-Platin-Niveau erreichen will. Dabei werden alle Nachhaltigkeitsinvestitionen getätigt, welche sich nicht wie üblicherweise in 3 – 5 Jahren sondern innert 40 Jahren auszahlen. Neben 2912 Solarpanelen sowie 150 Geothermie-Pfählen (im Grundwasser!), einer erstklassigen Isolation stiess vor allem das Brauchwasserkonzept auf Interesse: Regenwasser wie anfallendes Kondenswasser werden in Riesentanks gesammelt und sollen bis zu 97% des gesamten Bedarfs decken. Da man davon ausgeht, dass Wasser in dieser Region wegen des Klimawandels knapp und damit teuer werden könnte, sind diese Investitionen auch wirtschaftlich durchaus vertretbar. Gleichzeitig erhofft man sich, dass der angestrebte LEED-Platin-Standard mithelfen wird, die Vermietung zu erleichtern: immer mehr Firmen In Texas wollen als Folge ihrer Nachhaltigkeitsverpflichtungen nur noch in energieeffizienten sowie erstklassig gebauten Gebäuden ihre Büros haben und Kunden empfangen.

Texas first

Rund 100 Teilnehmende verzeichnen die diesjährigen Swiss-US Energy Innovation Days, welche in Austin, der Hauptstadt von Texas, durchgeführt werden. Der Eröffnungstag gab einen ausgezeichneten Einblick in die hiesige Energiewirtschaft, die dahintersteckenden Philosophien aber auch in konkrete Innovationsansätze.

Texas: Number 1 in…

Einen ersten Überblick präsentierte der Direktor des texanischen SECO (State Energy Conservation Office) Dub Taylor. Texas (Independent, Confident, Friendly) ist 16-mal grösser als die Schweiz und hat 28,7 Mio Einwohner. Texas ist der grösste Produzent von Öl und Gas in den USA, gleichzeitig auch der grösste Konsument, weil viele Raffinerien sowie petrochemische Unternehmen hier aktiv sind. Texas hat gemäss dem US-Department of Energy auch das grösste Energieeffizienzpotential, zudem ist es auch der Staat mit der grössten installierten Windkapazitäten sowie dem grössten Solarpotential. Eben hat Google einen Langfristvertrag von 490 MW für eine lokale Windfarm abgeschlossen und Honda beteiligt sich an einem Solarpark mit einem Vertrag von 200 MW.

Texas: die Insel als Chance für Innovationen

Texas ist auch der grösste Stromproduzent der USA: 50% des Stroms gehen an den Haushaltsektor – im Sommer für die Kühlung, im Winter für die Wörmeerzeugung. Die Strompreise sind extrem wetterabhängig, sie können von wenigen Dollar bis zu 9800 Dollar pro MW gehen. Der texanische Strommarktregulator bezeichnete in seinem Statement Texas als Insel vergleichbar mit Island oder Australien: es bestehen kaum Stromleitungen mit den Nachbarstaaten und so hat der Regulator die Chance den Markt nach seinen Idee zu gestalten. Er bezeichnete die Förderung von Innovationen als eine seiner Hauptaufgaben, dank kluger Regulierung können so neue Technologien wie auch Marktmodelle getestet, optimiert und breit ausgerollt werden. Mehr und mehr gehen alte Kohlekraftwerke vom Netz, weil neue PV- und Windfarmen kostengünstiger produzieren.

Innovationen – von Fenstern bis zu Siedlungen und Städten

In vielen Kurzvorträgen wurden in der Folge von Teilnehmenden Innovationen der US- und schweizerischen Energieszene vorgestellt. Während in den USA noch immer der möglichst kostengünstige Einbau von Zwei- und Dreifachverglasungen bei bestehenden Gebäuden unter Nutzung des bereits bestehenden Fensters Thema ist, präsentierte beispielsweise der Zürcher Architekt Karl Viriden das Retrofitting eines Mehrfamilienhauses in der Stadt Zürich, welches dank Batterie anschliessend zu einem Eigenverbrauchsgrad von 70% kommt und gestalterisch zu überzeugen vermag.   Generell wird das Einzelhaus als Objekt abgelöst von Lösungen auf Quartiersebene, um so den Anliegen einer smarten, dezentralen sowie intelligenten Energiewelt gerechter zu werden. In beiden Ländern sind die Speicherung sowie das Systemdenken anstelle des bisherigen Focus auf die drei Silos Strom, Wärme und Mobilität aber im Zentrum der Diskussion.

University of Texas: Effizienz im Energiesystem wird ausgereizt

Eine Besichtigung des Campus der University of Texas at Austin, einer Kleinstadt mit 70‘000 Studenten und Personal als Bewohnern, brachte uns dann wieder mit der Realität in Kontakt. Die Wärme-, Kälte- und Stromversorgung erfolgt zentral, man setzt auf Gas, das ist aktuell das billigsten. Die Nutzung von Wind und Solarenergie wird aktuell nicht angestrebt, die Verantwortlichen sind sich aber durchaus bewusst, dass diese Entscheidung unter dem Druck der jungen Generation wohl demnächst zu hinterfragen sein wird. Die älteste in Betrieb stehende Gasturbine stammt aus den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Umfangreiche Mess- und Datenanalyseprogramme erlauben, den Bedarf beinahe im Sekundentakt getimt zur Verfügung zu stellen. Die neueren Gebäude entsprechen alle einem erstklassigen Energiestandard, die Hauptwege sind autofrei und die Zahlreichen Cafeterias und Foodtrucks müssen sich an strenge Umwelt- und Abfallvorschriften halten.

Verhalten und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

Nicht zufällig wurden in der Folge in verschiedensten Kurzreferaten Verhaltensfragen diskutiert: wie können Leute zu einem energieeffizienteren Lebensstil motiviert werden, wie kann in den Schweizer Alpen bei Zweitwohnungen die Energieverschwendung in den Leerstehzeiten reduziert werden – wird EnergieSchweiz da erfolgreich sein? Wie verläuft in der Schweiz der Energiediskurs zwischen den wesentlichen Playern, wer gibt den Ton an, welche Rolle haben Populärzeitungen wie der Blick?

Ein Abend mit Start-ups

Ein abschliessender Höhepunkt des Tages stellten die dreiminütigen Kurz-Pitches amerikanischer und schweizerischer Start-ups im Impact-Hub von Austin dar. Da wurden neue Möglichkeiten der Planung von Übertragungsleitungen (Gilytics), des klugen Einsatzes von PV dank permanenter Messung (LEDsafari) oder des vermehrten Einsatzes von CO2 als Medium bei Wärmepumpen und Energiesystemen von schweizerischer Seite präsentiert. Ausgeklungen ist der Abend mit einem feinen Essen von einem der in Texas beliebten Food-Trucks, wo sich an Tischen dann US- und Schweizer Teilnehmer austauschten.

Meine neue ABC-Schulung

In der Rekrutenschule wurde ich 1971 umfassend im Umgang mit ABC-Ereignissen geschult: A stand für Atom, B für Biologische und C für Chemische Waffen. Wir lernten die Gefahren und möglichen Auswirkungen erkennen und wir wurden angewiesen, dass wir nach dem Abwurf einer Atombombe uns vorerst mit der Regenpellerine schützen, diese anschliessend mit Wasser aus der Feldflasche reinigen und dann sofort weiterkämpfen sollten. So easy schien damals ein Atomschlag bewältigbar, so rasch wir wieder kampfbereit, so wenig wurden uns die langfristigen Schäden für Mensch und Natur aufgezeigt.

Hilfe: Ich bin ein erhöhtes Risiko
Als Third Party Intermediary (TPI) oder externer «senior advisor» von Credit Suisse Energy Infrastructure Partners (CSEIP) wurde ich vergangene Woche wiederum zu einer ABC-Schulung eingeladen. Bei CS steht aber ABC für Anti-Bribery- and Corruptionschulung, ein in der Finanzwelt wichtiges Thema. Etwas sauer stiess mir auf, dass ich gleich doppelt die Voraussetzungen erfülle, um dabei in die Hochrisiko-Gruppe eingestuft zu werden: denn der Energiesektor gilt in der CS als global tätiger Organisation als speziell korruptionsgefährdet, zudem werden ehemalige Government Officials GO als speziell hohe Risiken angesehen. Denn GOs kennen meist die wichtigen Netzwerke sehr gut und könnten deshalb selbst Bestechungsgelder annehmen oder bestimmte Personen beeinflussen, welche gegen Bezahlung einen Entscheid zugunsten der CS oder ihrer Klienten fällen könnten. Ich habe dabei erfahren, dass ich bereits ein spezielles Screening durchlaufen habe und nach der eben bestandenen Grundschulung künftig periodisch auf die ABC-Risiken aufmerksam gemacht werde. Zudem haben mich meine Partner von CSEIP speziell im Tagesgeschäft zu beobachten, weil ich ja dieser Gruppe mit erhöhtem Risiko angehöre. Mit all diesen Massnahmen will die CS das Reputationsrisiko reduzieren sowie Imageverluste verhindern.

Korruption in der Schweiz: Bratwurst statt grosse Geldsummen?
Peter Bichsel, die lebende Legende der Schweizer Literatur, hat vor Jahren geschrieben, in der Schweiz gäbe es kaum offene Korruption mit grossen Geldzahlungen, bei uns sei die Einladung zu Bratwurst und Rösti das gängige Level der Beeinflussung. Denn in unserem kleinen Land mit seinen vielen branchenspezifischen Netzwerken weiss jeder und jede, dass man sich im (Berufs-)Leben mehrere Male sieht und man sich deshalb idealerweise so verhält, dass man sich auch bei einem neuen Zusammentreffen in die Augen schauen kann. Da sind gute Beziehungen, unterlegt durch ein währschaftes Mahl, oft ein nicht unwichtiges Rezept, um ein Projekt voranzubringen.
Natürlich haben inzwischen beim Staat wie bei den Banken Vorschriften Einzug gehalten, wie gross die Bratwurst resp. wie fein das Essen sein darf, ohne dass es in den Verruf der Korruption kommt. Dafür wurden in den Banken spezielle Abteilungen aufgebaut, welche nun die Grösse der Bratwürste sowie die Qualität des zu geniessenden Weins einzelfallweise bewilligen und schauen, dass alles mit rechten Dingen zugeht und so die Reputationsrisiken minimiert werden.

Von ABC-Reputationsrisiken zu Imageverlusten durch Beschattungen
Während in den Niederungen der Institutionen also Schulungen zu den neuen ABC-Risiken gemacht werden und dabei gerne auch auf ethische Werthaltungen verwiesen wird, präsentiert sich die Spitze dieser Organisation derzeit ziemlich anders. Wer Detektive beauftragt, sich an die Fersen von zu Observierenden zu heften und dabei die direkte Konfrontation inkl. Angsteinflössen nicht scheut, der scheint mir irgendwie im falschen Film zu sein. Früher hat man in der Schweiz über den militärischen Geheimdienst gelacht, dessen Beschatter aufgeflogen sind, heute schüttelt man irritiert den Kopf, wenn unbescholtene Bürger in unserer Wirtschaftshauptstadt Zürich von angeheuerten Rambos verfolgt werden. Und ich denke, dass Reputationsrisiken in den vergangenen Tagen bereits eingetreten sind und das tröpfchenweise Herausplappern immer neuer Details dieses Streits tagtäglich zu einem weiteren Imageverlust beiträgt.

 

Ein vielversprechender Neustart

Im vergangenen Dezember hatte der Nationalrat die Totalrevision des CO2-Gesetzes nach intensiven Diskussionen bachabgeschickt. Für die SVP waren die vorgeschlagenen Massnahmen zu weitreichend, für die SP zu wenig zielführend. Deshalb liegt es nun an der Umwelt- und Energiekommission des Ständerates (UREK-S), einen neuen, tragfähigen Kompromiss zu suchen. Noch ist die Schlussabstimmung in der Kommission nicht erfolgt. Doch die bisher gefällten Entscheide versprechen, dass mit den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr Bereiche erfasst und damit zusätzliche Wirkungen erzielt werden könnten. Das von der Kommission geschnürte Paket beinhaltet auch verschiedene für die Energiepolitik und Energiewirtschaft relevante Elemente.

Klarere Ziele

Vorerst hat sich die UREK geeinigt, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 halbiert werden sollen. 60% der Reduktion sollen im Inland erzielt werden. Dadurch wird der mit einigen Unsicherheiten verbundene Zertifikatehandel reduziert und die Inlandwirtschaft erhält zusätzliche Impulse, was mit Blick auf den sich abzeichnenden Konjunkturabschwung erwünscht ist.

Wenn eine CO2-Abgabe nicht nur auf Brenn- sondern auch auf Treibstoffen eingeführt werden soll und die Emissionen mit weiteren technischen Regulierungen vermindert werden sollen, dann muss auch der Flugverkehr einbezogen werden. Mutig hat die Kommission denn auch eine Flugticketabgabe beschlossen, welche insbesondere auch die innereuropäischen Kurzstreckenflüge besteuern und damit die Fahrten mit der Bahn attraktiver machen soll. Ebenso werden neue CO2-Grenzwerte für schwere Lastwagen den Einsatz energieeffizienterer Fahrzeuge unterstützen und so zu einer Verbesserung der Klimabilanz beitragen.

Förderung der Elektromobilität

Die Kompensationsregeln bei den fossilen Treibstoffen werden von Energiekommission verschärft und insbesondere auch der Inlandanteil der Kompensationsprojekte erhöht. Die Zuschläge pro Liter Treibstoff werden aber gedeckelt und betragen ab 2025 höchstens 12 Rappen pro Liter. Mit den Erträgen sollen nicht nur erneuerbare Treibstoffe gefördert, sondern auch die Elektrifizierung der Mobilität unterstützt werden: Elektroflotten- und Ladeinfrastruktur sollen bei Bedarf gezielt Beiträge erhalten.

Die CO2-Abgabe erhöhen

Die Kommission folgt weiter dem Antrag des Bundesrates zur Erhöhung der CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen: Das Maximum soll von 120 Fr. auf 210 Fr. pro Tonne CO2 steigen. Diese Mittel sollen wie bisher grossteils den Haushalten sowie der Wirtschaft zurückerstattet werden. Wirtschaftsfreundlich zeigt sich die UREK-S bei der Möglichkeit, dass sich Firmen von der Bezahlung dieser Abgabe befreien können, indem sie sich zu eigenen, innerbetrieblichen Kompensationsmassnahmen verpflichten: Der Schwellenwert für derartige Zielvereinbarungen wird gesenkt, das Betätigungsfeld für EnAW, ACT und die Energieberater damit vergrössert.

Den Finanzsektor in Pflicht nehmen

Die Kommission will auch den Finanzsektor bei der Erreichung der Klimaziele in die Pflicht nehmen, sieht aber von konkreten Vorgaben sowie Regulierungen (noch) ab. FINMA und Nationalbank sollen aber verpflichtet werden, die klimabedingten finanziellen Risiken der unterstellten Firmen regelmässig zu überprüfen.

Der grosse Klimafonds

Anstelle der bisherigen diversen Fonds und Staatseinnahmen aus dem CO2-Bereich will die UREK ein neues zentrales Finanzgefäss schaffen. In dieses sollen höchstens ein Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe auf Brennstoffen, Sanktionserlöse aus dem Fahrzeugbereich sowie höchsten 49% der Einnahmen aus der Flugticketabgabe fliessen. Die Mittel sollen für breiter angelegte Reduktionsmassnahmen eingesetzt werden, beginnend bei den bereits bestehenden Beiträgen für Gebäudesanierungen über die Unterstützung von Massnahmen zur Reduktion des Winterstrombedarfs bis hin zur Unterstützung von Start-ups. Zusätzlich sollen neu auch Energieplanungen von Gemeinden, Regionen und Kantonen gefördert werden, welche den Ersatz von fossilen Heizungen sowie ortsfester Elektroheizungen anschieben helfen. Das sind Instrumente, die jedes Energieversorgungsunternehmen nutzen sollte, das sich im Wärmemarkt engagiert. Da die Verwendungszwecke des Klimafonds nicht abschliessend aufgezählt werden, dürften auch andere Projekte der öffentlichen Hand auf eine Unterstützung zählen können.

Intensive Vorarbeit

Dass eine mit vielversprechenden neuen Elementen versehene Vorlage derart rasch gezimmert werden konnte, ist vor allem ein Verdienst des Zürcher Ständerats Ruedi Noser. Er hat in den vergangenen zwei Jahren intensiv zusammen mit Vertretern von Wissenschaft, klimaorientierten Firmen sowie NGOs neue Wege und konkrete Ansätze geprüft, diskutiert und formuliert. Er hat mit seiner feinen politischen Nase bereits sehr früh gespürt, dass nach dem sich abzeichnenden Crash im Nationalrat innovative, mehrheitsfähige Lösungen gefragt sein werden und er in der Kommission bei den aktuell knappen Mehrheitsverhältnissen eine wichtige Rolle spielen kann. Als Mann der Wirtschaft hat er gleichzeitig auf Verbote möglichst verzichtet und versucht, klimarelevantes Verhalten über Lenkungselemente zu steuern, die Transparenz bezüglich CO2-Intensität einzelner Branchen und Sektoren zu erhöhen, sowie Innovationen und den Umbau von Infrastrukturen und Bausubstanz gezielt zu erleichtern. Es ist zu hoffen, dass dieses Instrumentenset im totalrevidierten CO2-Gesetz definitiv Eingang findet und der schweizerischen Klimapolitik nach dem Debakel im Nationalrat neuen Schwung gibt.

 

Erscheint am 29. August 2019 im Energate Messenger Schweiz 

E-Autos und das Gespenst der Arbeitslosigkeit

 

Sommerflaute auf der Nachrichtenseite: wir lesen täglich vom Kaiman im Hallwilersee und erfahren, dass Füchse in Zürichs Spitäler eindringen.Und das Schweizer Fernsehen weiss zu berichten, dass wegen dem Change zu Elektro-Autos in der Schweiz bis zu 30‘000 Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie gefährdet seien. Denn die grossen deutschen Autokonzerne VW, BMW sowie Mercedes rechneten damit, dass bis 2030 jedes zweite neu verkaufte Auto einen Elektromotor haben werde, das wirke sich auch auf die Schweizer Zulieferer aus. Sofort werden darauf in den sozialen Medien Ausgleichsmassnahmen für die betroffenen Mitarbeiter gefordert, auf dass deren Not gelindert werden kann.

Wer hat die Nase vorn?

Seit einigen Jahren bin ich mir mit Toni Gunzinger einig, dass bei den E-Autos nicht Europa sondern China an der Spitze ist. Denn das Kernstück dieses Typs Auto ist die Batterie, da haben die Chinesen in den letzten Jahren bei Forschung sowie Massenfertigung enorme Fortschritte gemacht. Und sie haben mit  E-Fahrzeug-Quoten bei den neu in Verkehr gesetzten Autos auch ein probates marktwirtschaftliches Steuerungsinstrument eingeführt, welches Wirkung zeigt. Die deutschen Automobilhersteller haben vorerst versucht, auf dem für sie wichtigen Chinamarkt von dieser Quote ganz oder teilweise befreit zu werden. Gleichzeitig haben sie in Deutschland lange Zeit der Regierung mit Verweis auf die möglicherweise gefährdeten Arbeitsplätze Druck gemacht, die Elektroautos nur gerade als zu subventionierende Nebenerscheinung auf dem Automarkt anzusehen und weiter fossil betriebenen Fahrzeugen Priorität einzuräumen. Erst nach dem Dieselskandal sowie den nun vorliegenden Pariser Klimazielen hat es bei den deutschen Autokonzernen gedämmert, dass diese Strategie Schiffbruch erleiden könnte. Flugs hat Wirtschaftsminister Altmaier die Förderung der Batteriezellenfertigung zur Priorität erklärt und will dafür bis zu 1 Mia Euro zur Verfügung stellen. Ob es damit gelingt, gegenüber China wettbewerbsfähig zu werden, ist vorläufig offen.

Das Los der Zulieferindustrie

In der Schweiz werden seit Jahrzehnten Autos nicht mehr in Grossserie  hergestellt, unsere Wirtschaft war und ist aber ein wichtiger Zulieferer für die europäische und internationale Automobilindustrie. Ein Grossteil unserer Zulieferindustrie zählt zu den Klein- und Mittelbetrieben, doch haben auch einige Grossunternehmen Sparten, in welchen sie Teile für externe Kunden fertigen. Zulieferer sind immer dem Wettbewerb ausgesetzt, müssen Kosten reduzieren, sich permanent weiterentwickeln und innovative Ideen umsetzen, um die bisherigen Abnehmer halten zu können. Da Märkte wegbrechen können und die Produktion sich international verlagert, sind Zulieferer gefordert, immer wieder auch neue Kanäle zu möglichen Abnehmern zu suchen. So mussten sich in den Achtzigerjahre die Zulieferer der Uhrenindustrie neue Absatzmärkte suchen, ähnlich ging es verschiedensten Firmen der Metall- und Maschinenindustrie, welche bisher für Sulzer, BBC, Escher-Wyss etc. Teile für Turbinen, Textilmaschinen oder Mühlen hergestellt hatten. Ich halte es deshalb für ziemlich verfehlt, jetzt bereits wegen der Zunahme der Elektroautos auf Panik zu machen, weil möglicherweise Arbeitsplätze bei den Schweizer Zulieferern gefährdet sind.

Wo der Change durchaus dramatisch sein kann….

Weit eher erwarte ich einen eigentlichen Bruch beim Garagengewerbe sowie bei den Tankstellen und deren Shops. Nicht nur benötigen Elektroautos weniger Wartung, sondern es stehen mit dem Übergang zur Mobilität als Dienstleistung, dem Sharen von Fahrzeugen sowie dem autonomen Fahren eigentliche Revolutionen bevor. Das dürfte zu einer Reduktion der Anbieter, des Unterhalts- und Reparaturgewerbes aber auch der Tankstellen führen. Klar ist für mich, dass damit auch Arbeitsplätze zur Disposition stehen. In einem offenen und flexiblen Arbeitsmarkt werden sich aber wohl grossteils für die Betroffenen neue Arbeitsmöglichkeiten finden lassen. Die UBS rechnet nämlich in ihren neusten Prognosen, dass in der Schweiz bis 2030 rund 300‘000 – 500’000 Arbeitskräfte fehlen werden. Ein Grossteil des Wandels dürfte also ohne Schwierigkeiten über den Markt gelöst werden, weil Arbeitskräfte bereits heute knapp sind und in Zukunft noch mehr sein werden. Erfreulich ist zudem, dass für die eigentliche Problemgruppe, die älteren Arbeitslosen, nun vom Bundesrat Überbrückungshilfen angedacht sind, welche statt eines Abgleitens in die Sozialhilfe neue massgeschneiderte Lösungen bringen werden.

Gelassener dem Strukturwandel begegnen

Vor 60 Jahren war es noch üblich, im Alter von 16 Jahren bei einer Firma wie Bally, von Roll, Sulzer oder BBC einzutreten und bis zum Alter 65 dort das ganze Arbeitsleben zu verbringen: es gab eine ungeschriebene Arbeitsplatzgarantie, aber damit verbunden auch eine nicht geringe Abhängigkeit von einem Patron. Heute wechseln wir im Laufe unseres Berufslebens des öftern den Arbeitgeber, viele wollen sich weiterentwickeln, Neues kennenlernen, im Ausland schnuppern und mit verschiedensten Erfahrungen ausgestattet Karriere machen.

Wir sollten deshalb nicht nur in der Sommerpause mögliche Veränderungen bei einzelnen Branchen mit mehr Gelassenheit zur Kenntnis nehmen, sondern uns bewusst sein, dass in einer international ausgerichteten, kleinen offenen Volkswirtschaft keine Arbeitsplätze auf Jahre und Jahrzehnte sicher sind: der Wandel ist allgegenwärtig, wir müssen mit dem Strukturwandel umgehen lernen und nicht immer in den Medien gleich das Gespenst von Arbeitsplatzabbau und Arbeitslosigkeit an die Wand malen. Aber mit Bildern, die sich einmal eingeprägt haben, macht halt auch unser Fernsehen immer wieder ein wenig auf Stimmung, nicht nur während der Sommerflaute.

Meine Reise von Wien ans Schwarze Meer (Teil 1)

Das Oekozentrum Langenbruck will die nachhaltige Mobilität fördern und hat dafür den Wettbewerb Join the Journey ausgeschrieben. 10 Teams gehen in diesen Wochen auf eine möglichst CO2-arme Reise und berichten auf einem Blog über ihre Erlebnisse, Erfahrungen sowie Erkenntnisse. Ich habe mich bereiterklärt, über meine Sommerreise ebenfalls zu berichten. Meine ersten Notizen finden sich hier:

www.oekozentrum.ch/393-0-Stiftungsratspraesident-Walter-Steinmann-auf-nachhaltigen-Reisen.html

 

 

 

ElCom vor einem grossen Change?

Das StromVG ist nun seit mehr als zehn Jahren in Kraft, die entsprechenden Bestimmungen werden seit mehr als zehn Jahren von der ElCom überwacht. Der Regulator hat die juristischen Stürme der Startzeit hinter sich, die Gerichte haben viele Entscheide überprüft und nicht wenige an die ElCom zur Neubeurteilung zurückgewiesen. In den nächsten Monaten wird die prägende Person der Gründerzeit, alt Ständerat Carlo Schmid – Sutter, als Präsident der ElCom von Bord gehen, weil die Amtszeitguillotine dies verlangt. Zeit, die Entwicklungen sowie die Performance etwas ganzheitlicher anzuschauen.

Regulatoren vollziehen Gesetze – sagt die Theorie

Regulatoren arbeiten innerhalb eines von Gesetz sowie Verordnung vorgegebenen Rahmens. Sie prüfen die Preise, die Versorgungsqualität, sie sanktionieren Fehlverhalten und stellen auch die Zusammenarbeit mit Europa sowie den umliegenden Ländern sicher. Regulatoren sollten eigentlich nur Gesetze vollziehen, doch ist es einem Politfuchs wie Carlo Schmid nicht zu verübeln, dass er Vater der wenigen Gesetzesanpassungen im StromVG der vergangenen zehn Jahr ist und diese in enger Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen Partnern aus dem Ständerat durchgezogen hat.

Informativer Jahresbericht

Der neuste Jahresbericht der ElCom zeigt auf, wie umfassend sich die ElCom mit dem Strommarkt auseinandersetzt. Da werden verschiedenste Daten zur Länge der Netze, zum Wert der Netze, Grösse der einzelnen Unternehmen sowie durchgeführten Erhebungen präsentiert. Da finden sich hochinteressante Darstellungen zu den regionalen Unterschieden von Strompreisen sowie Netznutzungstarifen. Da werden kritische Überlegungen zur Einbindung in das europäische System sowie die politische Absicherung angesichts des fehlenden Stromabkommens präsentiert. Da finden sich auch klare Aussagen zum Stand der Versorgungssicherheit in den Wintermonaten sowie zur Notwendigkeit, dass die Politik Entscheidungen zur Erhöhung der Inlandstromproduktion trifft. Obwohl die Studien von BFE sowie ElCom zur System Adequacy kaum gross unterschiedliche Resultate zeigen, werden Schlüsse gezogen, welche unterschiedlicher kaum sein könnten. Natürlich freut sich die Schweizer Stromwirtschaft, wenn sie in dieser Frage vom Regulator Schützenhilfe erhält, denn damit erhöhen sich die Chancen, dass wegen der angemahnten fehlenden Rentabilität von Neuinvestitionen Subventionen oder andere Goodies vom Staat ausgeschüttet werden.

Simonetta Sommaruga will Antworten geben

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat in ihrem Referat vom vergangenen Montag bei Swisscleantech klargemacht, dass sie die Befürchtungen von ElCom, Parlament sowie Bevölkerung zur Versorgungssicherheit ernst nimmt und Antworten dazu geben will. Denkbar sei auch eine weitergehende Förderung der erneuerbaren Energien. Ob dies dem Wunschzettel von ElCom sowie Stromwirtschaft entspricht, mag vorläufig offen bleiben – Freude dürfte immerhin die Regierungskonferenz der Gebirgskantone haben: der Druck auf eine Flexibilisierung der Wasserzinsen dürfte auf weitere Jahre zurückgehen, wenn staatliche Unterstützungen für Wasserkraftinvestitionen im Raum stehen.

Die ElCom und Europa – die lange und die kurze Sicht

Die ElCom hat eine nicht geringe Europaskepsis, sie sieht längerfristig auch den möglichen Beitrag der umliegenden Länder zur Lösung der Probleme der Versorgungssicherheit Schweiz für beschränkt an. Die ElCom publiziert aber wöchentlich einen Termin- und Spotmarktbericht, in welchem sie primär die Entwicklungen an den Börsen der umliegenden Länder analysiert (manchmal werden aber auch Ereignisse wie das chinesische Neujahr zur Erklärung von kurzfristigen Preisschwankungen herangezogen). Ist die Publikation derartiger wöchentlicher Analysen mehr als eine Fleissarbeit für eine nicht genau definiertes Publikum? Händler brauchen täglich zeitnahe Informationen und Börsendienste liefern diese, zudem produzieren einzelne Stromfirmen wie die Baselbieter EBL ihre wöchentlichen Analysen für die Interessierten. Die normalen Endkonsumenten, die ja die wesentliche Zielgruppe der ElCom sein sollten, haben einen von den täglichen Entwicklungen an den europäischen Strombörsen aber völlig unabhängigen Vertrag mit dem lokalen Elektrizitätswerk: sie können ja nicht einmal den Anbieter wählen, deshalb interessieren sie die täglichen Schwankungen auf den europäischen Strommärkten nur minim.

Die ElCom und die Innovation

Der Strommarkt ist in einem umfassenden Wandel, digitale Tools drängen in den Markt, Innovationen wollen getestet und start-ups mit ihren Produkten sowie Dienstleistungen erste Versuche fahren. Vor Jahresfrist wurde das zusammen mit der ETH Zürich konzipierte Projekt „Quartierstrom Walenstadt“ an einer ElCom-Veranstaltung vorgestellt und durchaus wohlwollend kommentiert. An der Swisscleantech-Veranstaltung von dieser Woche habe ich von den Initianten erfahren, dass bei der ElCom aber noch immer juristische Bedenken gegen dieses Projekt vorhanden sind. Man fürchte eine Ungleichbehandlung der Konsumenten, man denke, dass das Modell gar den Markt revolutionieren könne. Als könnte man heute davon ausgehen, dass die Konsumenten in unserem Land überall in Sachen Strom gleich behandelt und den Strom zu gleichen Bedingungen beziehen könnten. Schade, dass bei der ElCom die Juristinnen in Innovationsfragen prägend wirken, sie sind in Zeiten des Changes nicht sehr hilfreich.

Die ElCom und ihre Liebe zur Swissgrid

In der Schweiz ist Swissgrid für 14% der gesamten Netznutzungskosten (inkl. Systemdienstleistungen) verantwortlich. Regulatoren befassen sich aber lieber mit einigen wenigen grossen Firmen als mit 600 kleinen und mittleren Unternehmen, die man kaum alle umfassend prüfen kann. Deshalb wurde Swissgrid in den vergangenen Jahren von der ElCom eingehendst kontrolliert, Details wie die Aufwendungen für Kommunikation oder IT sehr kritisch hinterfragt und am Schluss per Verfügung sanktioniert. Demgegenüber wurden die kleinen und mittleren EWs eher summarisch kontrolliert und hatten Abweichungen vom Durchschnitt zu begründen, nur wenn sich daraus Anhaltspunkte ergaben, wurden die Bücher genauer angeschaut. Detailprüfungen bei einzelnen nach Zufallskriterien ausgewählten EVUs wurden nicht vorgenommen.

Danke an Carlo Schmid – Sutter: nun ist Simonetta Sommaruga am Zug

10 Jahre ElCom in action – mit dem Rücktritt von Carlo Schmid – Sutter geht eine Aera zu Ende. Er hat die Aufbauphase geprägt, er hat die Arbeit mit grossem Engagement verrichtet und wurde von Branche sowie Konsumenten breit akzeptiert. Ein grosses Dankeschön für seinen Einsatz. Nun ist es an Simonetta Sommaruga, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu suchen, welche neue Schwerpunkte setzt und dem Sekretariat aufzeigt, wohin in einer Zeit des Wandels der Weg hingehen sollte.

 

Erscheint am 27. Juni im Energate Messenger

Neue Flexibilitäten statt Glaubenskriege braucht das Land

Hanspeter Guggenbühl zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Journalisten in den Bereichen Verkehr, Umwelt und Energie. Er plädierte bereits vor Jahren für einen systemischen Ansatz und hat seine Überlegungen nach den jüngsten Diskussionen zu Winter-Stromlücke, Atomkraft sowie Paris-Verpflichtungen nun reformuliert. Er plädiert für Flexibilität statt neuen langjährigen Glaubenskriegen.

https://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Der-Stromproblem-im-Winter-lasst-sich-atomfrei-losen

Gehören die kantonalen Energiegesetze auf den Misthaufen der Geschichte?

Ich habe weit mehr Jahre in kantonalen Verwaltungen gearbeitet als beim Bund. Ich war Sekretär der Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) und treffe mich noch heute mit Kollegen aus kantonalen Verwaltungen zum Jassen, zum Erinnerungen teilen und auch zum Austausch über diverse Politikbereiche. Ich habe also durchaus eine föderalistische DNA und bin nicht à priori ein Freund zentralistischer Lösungen. Aber manchmal frage ich mich, ob die Kantone in der Energiepolitik auf dem richtigen Weg sind. Zwar haben die für die Energiefragen zuständigen kantonalen Energiedirektoren (EnDK) der Energiestrategie 2050 zugestimmt, doch seither werden Schritte in die Wege geleitet, die mich verwirren.

Das steuerliche Leid der Photovoltaik

Die steuerliche Förderung von PV-Anlagen wird von Kanton zu Kanton unterschiedlich gehandhabt. Jeder Kanton hat eigene Prinzipien und Modelle. Teils wird die Förderung so ins Gegenteil verkehrt und führt zu Doppelbelastungen. Es werden Entscheide gefällt, die im Falle von Klagen vor den Gerichten kaum standhalten würden. Zu vermuten ist, dass sich die kantonalen Energiefachstellen gegenüber ihren Steuerverwaltungen nicht durchsetzen konnten: Die Maximierung der Steuereinnahmen scheint oberstes Ziel zu bleiben.

Vom Umgang mit Nuklearrisiken

Die Axpo-Kantone und deren EVUs haben lange an einer neuen Eigentümerstrategie getüftelt. Etwas böse könnte man sagen, der Berg hat eine Maus geboren. Diplomatischer formuliert: Der kleinste gemeinsame Nenner war derart klein, dass die Resultate im Gegensatz zu früheren grossangelegten Übungen wie Hexagon nicht gemeinsam kommuniziert, sondern urplötzlich in einem Bericht des Kantons Thurgau erstmals auftauchten.

Wesentlichstes Element ist die Möglichkeit, dass die Axpo-Aktien vorerst zwischen den bisherigen Aktionären gehandelt und später auch an Dritte verkauft werden können. Viele mögen es zwar für erfreulich halten, dass die Axpo-Kantone nicht mehr in neue Nuklearanlagen investieren wollen. Doch das lenkt vom eigentlichen Problem ab. Solange die beiden KKW Beznau voll und ganz in der Axpo-Bilanz integriert sind, wird sich wohl kein institutioneller Anleger für eine grössere Beteiligung an diesem Konzern durchringen können.

Die Axpo-Aktie bis 2050 kein Highflyer?

Denn die Axpo muss bis zum Ende der Stilllegung der beiden Meiler, was wohl etwa 2050 sein wird, zusätzliche Beiträge in die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds zahlen, falls künftige Kostenstudien höhere Kosten ausweisen. Während die Kernkraftwerke Leibstadt und Gösgen Partnerwerke sind, bei denen gemäss Gesetz auf die Partnerfirmen resp. Eigentümer finanziell nicht Rückgriff genommen werden kann, sind Mühleberg und Beznau in Konzernbilanzen integriert. Das führt dazu, dass die Axpo-Aktie auf dem Markt noch lange Zeit nicht sehr attraktiv sein wird.

Bei Axpo wie bei BKW stellt sich deshalb die Frage, ob nicht besser der kommerzielle sowie international ausgerichtete Teil der Konzerne abgetrennt und privatisiert werden sollte. Denn es ist weder den Berner noch den Zürcher Steuerzahlenden zu vermitteln, warum sie für die stets mit gewissen Risiken verbundenen Engagements dieser Konzerne in Frankreich, Deutschland oder den USA geradestehen sollen. Aber private Investoren und institutionelle Anleger könnten sehr wohl Freude an einem derartigen Papier haben und ein Börsenfeuerwerk veranstalten, das Geld in die Kantonskassen spült.

Vom Umgang mit Wasserkraftrisiken

Innerhalb der Energiedirektorenkonferenz haben mehr und mehr die Bergkantone die Themenführerschaft übernommen und sie kämpfen engagiert für ihre Ressource Wasserkraft. Sie haben erfolgreich die Verlängerung des bisherigen starren Wasserzinsregimes durchgedrückt. Nun fordern sie im Stromabkommen Schutzklauseln für die Wasserkraft und im Stromversorgungsgesetz grosszügige Investitionsanreize für den Erhalt sowie Ausbau der Wasserkraft.

Das eigentliche Risiko liegt bei der Neukonzessionierung

Wenn in der Stromwirtschaft heute von den Risiken der Wasserkraft gesprochen wird, dann geht es nicht primär um bestehende oder zusätzliche Subventionen. Die für die Marktprämie zur Verfügung stehenden Mittel werden wohl kaum mehr voll ausgeschöpft, denn die meisten bestehenden Wasserkraftwerke rentieren wieder. Die grossen Risiken liegen vielmehr bei der Neukonzessionierung von bestehenden Wasserkraftwerken. Neben Heimfallentschädigungen sowie Umweltschutzauflagen dürfte vor allem die Absicht einzelner Bergkantone, künftig die Aktienmehrheit der Gesellschaften zu übernehmen und die Vermarktung des Stroms gleich selbst an die Hand zu nehmen, bei den bisherigen Betreibergesellschaften zu Stirnrunzeln führen. Es mag zwar Beispiele erfolgreicher Unternehmenstätigkeiten der Kantone geben. In einem mehr und mehr europäisch integrierten Strommarkt bin ich jedoch skeptisch, ob mehrheitlich von einzelnen Kantonen gehaltene Stromproduktions- und -handelsgesellschaften zu einer neuen Goldader für die Bergkantone werden. Man kann diese Kuh nicht dreimal melken: Wasserzinsen, Steuern am Produktionsort sowie Dividenden aus den Beteiligungen – das könnte leicht zu einem Klumpenrisiko werden.

Auf dem Weg zum Gesamtsystem Energie

In der Energiewelt wachsen die Teile Elektrizität, Wärme und Mobilität immer mehr zu einem System zusammen. In der Energiedirektorenkonferenz ist der Einfluss der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) stark, deshalb ist deren Fokus auf die Wasserkraft und die Netze (Swissgrid) ausgerichtet. Die Energiedirektoren der Mittellandkantone stehen vor ganz anderen Herausforderungen: In einer zunehmend urbanen und verdichteten Schweiz ist Energie Teil eines umfassenden Gesamtsystems, bei dem Planungs-, Energie-, Verkehrs- Bau- und Umwelt-Aspekte zu beachten sind. Jedes Gebäude wird zu einem Kraftwerk, Planungen basieren auf einem Quartierraster. Durch eine optimale Vernetzung wird so autonom die Balance zwischen Nachfrage und Angebot mittels lokaler Produktion und Speichern hergestellt und die gewünschten Leistungen an Wärme/Kälte, Strom und Mobilität für die Bewohnerinnen und Bewohner systemisch und dezentral erbracht.

Kantonale Energievorschriften für einzelne Gebäude haben ausgedient

Da fragt man sich schon, ob die sehr technischen und detaillierten Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) noch Zukunft haben. Sie sind primär auf Dämmung und Gebäudetechnik ausgerichtet und werden zudem nur in wenigen Kantonen innert nützlicher Frist umgesetzt. Wäre es angesichts der Systemkonvergenz im Energiebereich nicht an der Zeit, die bisherige stark auf Einzelgebäude ausgerichteten kantonalen Energiegesetze auf den Misthaufen der Geschichte zu werfen? Denn Gebäude müssen künftig als Teil eines Gesamtsystems von Strom, Wärme und Mobilität betrachtet werden. Und dieses Gesamtsystem ganzheitlich zu planen und erfolgreich zu realisieren, wäre wohl ein nationales Rahmengesetz eine vielversprechende Option.

 

Erscheint im Energate Messenger 29. Mai 2019