Citoyen Pascal Couchepin – ancien CdA d’Elektrowatt

In der laufenden Diskussion zur Abstimmung vom 21. Mai melden sich viele Ehemalige zu Wort, welche teils wortreich die gute alte Welt verteidigen, die sich aber leider trotz der vielen schönen Überlegungen und hehren Gedanken nicht mehr zurückholen lässt. „The Times they are changing“ – wie es Bob Dylan besingt: rasant kehrt sich alles wegen neuer Technologien und Märkte sowie verschobener Machtverhältnisse.

Gemeldet hat sich auch alt Bundesrat Pascal Couchepin, der gemäss seiner Aussage „als Citoyen die Energiepolitik seit 40 Jahren verfolgt“ und sich nun gegen die Vorlage stellt, obwohl er sich mit den Zielen einverstanden erklären könnte. Doch die Unterstützung der Betreiber von Wasserkraftwerken ist ihm ein Dorn im Auge und als Liberaler spricht er sich gegen „subventions géneralisées“ aus.

Dazu sind doch einige Anmerkungen zu machen, denn Pascal Couchepin war in seiner Karriere vor dem Bundesrat alles andere als ein normaler „Citoyen“ am Rande des Spielfelds der Schweizer Energieszene. Nationalrat Couchepin war Mitglied des Verwaltungsrats der damals kräftig durchgeschüttelten Forces Motrices Valaisannes FMV und er war auch Mitglied des Verwaltungsrats einer Firma, welche beim Unfall von Creuson-Dixence Verantwortung zu tragen hatte. Er war vor allem – in der damals entscheidenden Zeit – auch Mitglied des Verwaltungsrats der Elektrowatt. Diese hielt, im Besitz von Credit Suisse, ein Konglomerat mit breitester Ingenieurkompetenz, Stromfirmen wie EGL und vielfältigen Industriebeteiligungen in den Bereichen Messen, Regeln und Steuern über Cerberus, Elektromagnetik mit Schaffner Luterbach oder in der Gebäudetechnik mit Landis & Gyr. Viele dieser Aktivitäten waren mit grossen Investitionen verbunden, sodass die Bank gleich auch die Finanzierung mitofferieren konnte. Aber damals herrschte bei den Grossbanken ein wohl von einem Berater proklamierter neuer Leitsatz vor, man solle sich auf das Kerngeschäft konzentrieren und schwups stand alles, was „nicht zum Kerngeschäft gehörte“, zur Disposition, wurde filetiert und dem jeweils Meistbietenden verkauft.  

Und so kam es, dass in der Ära von Verwaltungsrat Pascal Couchepin dann grosse Teile des industriellen Schweizer Know-hows in ausländische Hände geriet und heute unter deutscher oder japanischer Flagge segelt*). Die Assets von Stromfirmen wie EGL mitsamt der Führung des KKW Leibstadt kamen grossteils als Teil der NOK in direkten staatlichen Besitz, andere Teile wurden aber auch an eine Vorgängerorganisation der e.on veräussert: Verstaatlichung einerseits, Ausverkauf der Heimat anderseits waren also die wesentlichen Resultate von Pascal Couchepins „liberalem“ Wirken im Energiesektor.

Am Rande einer Tagung in Baku hatten Pascal Couchepin und ich 2013 auf der dortigen Schweizer Botschaft einen intensiven Disput über den Ausstieg aus der Atomenergie. Sie gipfelte in seiner Behauptung, wäre er 2011 noch im Bundesrat gewesen, hätte dieser nie diesen Entscheid gefällt. 

Seine jetzige Kritik an der Subventionierung der Besitzer von Wasserkraftwerken mag ich deshalb nicht zum Nennwert nehmen. Denn erstens werden diese Beiträge nicht als „subventions géneralisées“ allen Betreibern ausbezahlt, sondern nur jenen Wasserkraftwerken, welche ungedeckte Kosten haben. Zweitens wäre die Alternative wohl, dass noch mehr Druck auf eine rasche und massive Reduktion der Wasserzinsen erfolgen würde, was ja wohl nicht im Interesse eines ehemaligen Walliser Magistraten sein kann.

Aber Pascal Couchepin ist ein Polit-Tier, das sich immer wieder gerne in Szene setzt und provoziert, so auch jetzt vor der Abstimmung zum neuen Energiegesetz. Vielleicht sollte er sich dabei aber etwas mehr seiner Vergangenheit bewusst werden und zur Kenntnis nehmen, dass der unter dem Dach der Credit Suisse segelnde neue Energieinfrastrukturfonds CSEIP sich jetzt teils genau an jenen Assets zu beteiligen sucht, die in seiner Ära von Credit Suisse verkauft worden waren. 

*) nur gerade für die Schaffner AG Luterbach wurde mit Unterstützung des Kantons Solothurn ein MBO umgesetzt, die Firma ist auch heute noch an der Börse kotiert
Erscheint in Kurzform im Energate Messenger vom 28. April 2017