Wer soll für die Stromversorgung der Berggebiete bezahlen?

Es war wieder mal eine jener Schlagzeilen, welche viel versprechen, aber dann im Text recht wenig Substanz enthalten. „Stromversorger nutzen ihr Monopol für Profite aus“, lautete die Headline im Tagesanzeiger und Bund, da würde Profitmaximierung auf dem Buckel der Konsumenten betrieben. Ja, wir wissen: Netze sind Monopole, aber genau deshalb werden die Profite auch staatlich gedeckelt, die Kosten mitsamt der Kapitalrendite werden vom Regulator ElCom umfassend kontrolliert und bei Bedarf gesenkt. Die Kapitalrendite wird übrigens vom Bund festgelegt, sie liegt aktuell für einen Mix aus Fremd- und Eigenkapital bei 3,83 %.

Die Versorgung der Berggebiete ist kostspielig

Verglichen wurden in besagtem Artikel insbesondere die Netznutzungstarife von BKW und EKZ und da stand BKW mit ihren weit höheren Kosten nicht sehr gut da. Behauptet wurde keck, dies sei Folge der synthetischen Bewertungsmethode sowie der Möglichkeit des zweimaligen Abschreibens. Nachdem dies zweimal in grossen Artikeln ausgerollt worden war, stellte BKW die Fakten zusammen und legte glaubwürdig dar, dass primär das grosse Versorgungsgebiet mit teils wenig besiedelten Gebieten in den Alpen, Voralpen und im Jura für diese höheren Netzkosten verantwortlich sind. Denn der Bau jedes Kilometers Leitung kostet nun mal im hügeligen Gebiet deutlich mehr und meist sind am Ende der Leitung kleine Dörfer mit wenigen Haushalten oder gar nur einige wenige Bauernhöfe, die teils zusätzlich dank Photovoltaik viel Eigenproduktion haben und deshalb nur wenig Strom über das Netz beziehen.

Von BKW belieferte Berner Gemeinden müssen bezahlen

Bau und Unterhalt dieser Leitungen in wenig besiedelten Gebieten sind teuer, mitberappen müssen dies alle Kunden in den von der BKW belieferten Berner Gemeinden: der Netznutzungstarif liegt bei 12.43 Rp/kWh. Demgegenüber liegt dieser Tarif in der Stadt Bern bei nur gerade 7,94 Rp/kWh oder in Biglen gar bei 6,12 Rp/kWh.
Stadtnahe Grossgemeinden rund um Bern, welche von der BKW versorgt werden, haben also einen schönen Teil der Kosten für die Stromversorgung peripherer Regionen des Kantons zu tragen. Demgegenüber beteiligen sich die Kantonshauptstadt, Thun und Biel sowie einzelne kleine Gemeinden wie Biglen nicht an diesem „Finanzausgleich“, sie können deshalb supergünstige Durchleitungskonditionen anbieten. Das ist alles andere als gerecht.

Kantone müssen aktiv werden

Das Stromversorgungsgesetz legt in Artikel 14 Absatz 4 fest: „Die Kantone treffen die geeigneten Massnahmen zur Angleichung unverhältnismässiger Unterschiede der Netznutzungstarife in ihrem Gebiet“. Wenn in einem Grossteil der Gemeinden die Netznutzungstarife mehr als doppelt so hoch sind wie in den günstigsten, dann muss der Kanton aktiv werden. Vorerst hat zwar der Regulator ElCom zu bestätigen, dass es sich um effizient betriebene Netze handelt, aber anschliessend liegt der Ball bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern. Denn Solidarität mit den Berggebieten darf auch im Kanton Bern nicht auf einzelne von BKW mit Strom belieferte Gemeinden beschränkt sein, sondern muss von den Stromkonsumenten aller Städte sowie Gemeinden gemeinsam getragen werden.

 

Erscheint am 29. November 2018 im Energate Messenger