Swissbau – Künftig mit mehr Ausstellern aus der Energiebranche?

Das beste Summary zur diesjährigen Swissbau hörte ich in Halle 1 auf der Rolltreppe von zwei jungen Besuchern: „Du, ich glaube, jetzt geht die Post ab. Wer nun nicht Gas gibt, ist in fünf Jahren nicht mehr auf dem Markt, da werden einige aufgeben müssen.“

Swissbau goes digital
Der Bausektor verändert sich und mit ihm die Swissbau. Klug hat die Swissbau an der Sonderausstellung im Innovation Lab das Thema Digitalisierung mit vielen kleinen Firmen-Ständen, Foren und Diskussionsplätzen aufgenommen. Hier wurde die Vielfalt der aktuellen Entwicklungen sichtbar, hier wurde auch klar, dass da noch viel zusammenkommen und gebündelt werden muss, was heute in einzelnen Teilen angedacht und realisiert wird. Instruktiv und höchst erhellend die konkrete virtuelle Schau im i-Room zur BIM-Anwendung an einem konkreten Wirtschaftsförderungsbeispiel im Kanton Basel-Landschaft: Da wurden die Vorteile dieser neuen Technologien fassbar. Allerdings darf man sich fragen, warum nun verschiedenste Nerds in den einzelnen Bau-, Planungs- und Ausrüsterfirmen je eigene Tools entwickeln wollen.

Ein Spaziergang zu den spannendsten digitalen Firmenprojekten
Spannend auch die angebotenen „Guided Tours Digitale Innovation“ quer durch die Hallen und bei verschiedensten Firmen, wobei als Führer mit Beat Andrist, ex GL-Mitglied von EBL, ein ausgewiesener Kenner der Energie-Szene und der Bauwirtschaft zur Verfügung stand. Packend die Präsentation von Gesacon, wo vorerst ein Dachkännel am CAD-Arbeitsplatz gezeichnet wurde und nach fünf Minuten gebogen sowie beschriftet aus der Maschine auf dem Stand purzelte. Für uns als Endkonsumenten vielversprechend das GIS-basierte Tool von VELUX, welches den Sonnenstand und damit die Helligkeit in einem abgeschrägten Raum nach Einbau eines Dachfensters für jeden Tag und jede Stunde des Jahres an jedem Standort aufzeigen kann. Interessant auch die ersten Versuche von HG Commerciale, welche nun die Submissionsunterlagen digitalisieren und damit den arbeitsintensiven Faxverkehr vor der Offerteingabe überflüssig machen wollen. Aber: da bleibt noch viel zu tun. Faszinierend die neue Dampfabzughaube von Miele in Form einer an vier Drähten aufgehängten und ansprechend designten Lampe. Sie liefert nicht nur Licht in verschiedenen Farben, sondern verfügt auch über einen kleinen Speicher für den zu Wasser kondensierten Dampf, der je nach Feuchtigkeit später wieder dosiert an den Raum abgegeben wird. Zusätzlich integriert ist eine Beduftungsfunktion, auf dass nicht der stechende Geruch eines leicht verkohlten Fleischstücks sondern eine liebliche südfranzösische Gewürzmischung oder der Duft einer Süsswaren-Bäckerei den Raum erfüllt.

Erneuerbar heizen – auch eine Kommunikationsaufgabe
Auf grosses Interesse stiess auch die von EnergieSchweiz lancierte Kampagne „Erneuerbar heizen“. Da haben sich nun die wesentlichen Akteure vereint, um gemeinsam beim Heizungsersatz die Erneuerbaren zu pushen. Es gibt Impulsberatungen und die Gebäudetechniker werden in Pflicht genommen. Spannend die von Suissetec-Chef Christoph Schär präsentierte Studie, welche mit einer auf Anreizen basierten Strategie für die nächsten Jahre grösstmögliche Reduktionen verspricht. Zur Hebung der letzten Potentiale wären dann wohl doch noch hoheitliche Ge- und Verbote nötig. Es ist zu hoffen, dass die neu eingesetzten Impuls-Berater nicht nur den Greta-Effekt thematisieren, sondern vermehrt in der Sprache der Einfamilienhausbesitzer über mögliche finanzielle Beiträge aus dem Gebäudeprogramm sowie Steuerreduktionen informieren. Viele überzeugt man halt immer noch am einfachsten mit „Franken und Rappen“.

Über Fehler sprechen lernen
Eine „Fuck-up-Night“ war als neues Gefäss angekündigt. Da sollten gemachte Fehler und daraus gezogene Lehren reflektiert werden. Stararchitekt Heinrich Degelo legte dar, dass ein von ihm geplantes bedrucktes Sonnensegel wegen einer gerne mit „Durchlaucht“ angesprochenen Person der Uni Freiburg während Jahren nicht wie geplant realisiert werden konnte. Hätte er sich in der Planungsphase vehementer eingebracht, hätte er anschliessend nicht Jahre für die Korrektur und das richtige Setzen dieses attraktiven Segels gebraucht. Einen interessanten Case präsentierte auch der Entwicklungschef von Belimo, der ein geniales neues Tool nicht zur Massenproduktion bringen konnte, weil die Kunden darauf nicht vorbereitet waren. Erst jetzt würden einzelne Elemente dieser grundlegenden Innovation Schritt für Schritt vom Markt angenommen und die Entwickler können sich immer wieder über ihre beinahe geniale Weitsicht freuen. Eine dritte Präsentation kam von einer Start-up-Unternehmerin, welche mit ihrer IT-Entwicklung dem Denken und den Welten der Stadtplaner Jahre voraus war und deshalb Konkurs anmelden musste. Fazit des Abends: Man sollte nicht nur die Erfolge feiern, sondern auch die Misserfolge würdig begehen, weil man aus Fehler oft mehr lernen kann und diese Ideen nicht selten wenige Jahre später zu einer grossen Erfolgsgeschichte werden. Fuck-up-Nights sind derzeit global ziemlich angesagt – vielleicht könnten derartige Formate auch in der Energiewirtschaft oder bei staatlichen Verwaltungen zu Einsichten und Erfolgen führen.

Wenn Gebäude und Energie immer vernetzter geplant werden müssen
Noch sind erst wenige Energie-Firmen wie der VSG, IWB oder Energie360 als Aussteller an der Swissbau präsent. Wenn nun aber Gebäude und die Energiewelt immer mehr zusammenkommen sowie eine Sektorkopplung angedacht ist, dann wird die alle zwei Jahre stattfindende Swissbau auch für die Schweizer Energiewirtschaft immer wichtiger. Bereits haben erste Vertreter der Branche signalisiert, dass sie sich eine Messebeteiligung überlegen. Denn: Hier geht die Post ab.