Experiment Orvin

Vor drei Wochen habe ich meinen BMW i3 in Dielsdorf abholen können. Nach einer attraktiven Präsentation, einigen Instruktionen sowie einer kurzen Probefahrt wurde er mir übergeben und ich fuhr zurück nach Ittigen. Beim Eintreffen zuhause hatte ich noch eine Reserve von etwa 18 Kilometern, mit der ich noch locker zur nächsten grösseren Ladestation gekommen wäre. Nach dem Aufladen der Batterie lag die Reichweite wieder bei stolzen 176 km und ich war überzeugt, dass dies doch viele Freiräume ergäbe. 

Deshalb war es für mich völlig klar, dass meine neue Wundermaschine jetzt ihren ersten Test zu bestehen hätte. Und zwar beim Schneeschuhwandern mit Freunden im knapp 50 km entfernten bernjurassischen Prés d’Orvin. Wir packten Kleider, Schneeschuhe und Material in den Kofferraum und fuhren durch den bernischen Nebel an die Sonne ins Gebiet von Près d’Orvin. Beim Öffnen der Türe meinte der Besitzer des nebenstehenden Autos: Aha, eine Auto ohne Auspuff, das ist ein Bekenntnis zur Zukunft.

Angespornt durch diese motivierenden Worte brachen wir leichten Schrittes auf zu einer längeren bergauf Schneeschuh-Wanderung und einer gemütlichen Rast in einer Métairie. Lange vor Sonnenuntergang kehrten wir zum Parkplatz zurück. Beim Anlassen des Motors stellte ich fest, dass der Batteriespeicher eine rund 25 km geringere Reichweite signalisierte als beim Aussteigen am Morgen. Doch schien mir die Reserve für die Rückfahrt durchaus genügend. Natürlich mussten wir noch das Brot des Bäckers von Orvin kaufen (das Beste westlich von Moskau), was sicher etwas Energie kostete, dann fuhren wir über die Autobahn Richtung Bern. Kurz nach Biel wurde mir bewusst, dass es trotz inzwischen eingeschaltetem Eco-Driving knapp werden könnte, denn wegen der tiefen Temperaturen musste immer wieder die Klimaanlage eingestellt werden, auf dass sich die Fenster nicht beschlugen. 

Ich fuhr also immer sanfter und versuchte, nur noch sehr vorsichtig zu beschleunigen. Doch die Batterie zeigte weiterhin eine rasche Abnahme und so standen wir beim Felsenau-Tunnel vor der Frage, ob wir die Freunde noch in ihre Wohnung in der Stadt oder zu meiner Ladestation im häuslichen Keller fahren sollten. Beides zusammen war nicht mehr möglich. Wir schafften es ganz knapp in meine Garage: Die Batterie zeigte an, dass wir gerade noch einen Kilometer hätten fahren können. Meine Freunde mussten dann den Nachhauseweg mit dem öV Richtung Bern antreten. Ich habe ihnen am Folgetag eine gute Flasche Wein gebracht und mich entschuldigt, dass derartige Experimente eben immer auch Grenzen aufzeigen sollen – die ich leider leicht überschritten hatte…

 Und was ich mich als einfacher Nutzer bei diesem Orvin-Experiment gefragt habe: Ist bei einer Anzeige „Batterie = 0 km“ auch wirklich Schluss? Was ist zu tun, wenn man abseits einer Ladestation zu diesem Punkt kommt? Gibt es bereits einen Pannendienst mit mobilen Schnellchargern?