ElCom vor einem grossen Change?

Das StromVG ist nun seit mehr als zehn Jahren in Kraft, die entsprechenden Bestimmungen werden seit mehr als zehn Jahren von der ElCom überwacht. Der Regulator hat die juristischen Stürme der Startzeit hinter sich, die Gerichte haben viele Entscheide überprüft und nicht wenige an die ElCom zur Neubeurteilung zurückgewiesen. In den nächsten Monaten wird die prägende Person der Gründerzeit, alt Ständerat Carlo Schmid – Sutter, als Präsident der ElCom von Bord gehen, weil die Amtszeitguillotine dies verlangt. Zeit, die Entwicklungen sowie die Performance etwas ganzheitlicher anzuschauen.

Regulatoren vollziehen Gesetze – sagt die Theorie

Regulatoren arbeiten innerhalb eines von Gesetz sowie Verordnung vorgegebenen Rahmens. Sie prüfen die Preise, die Versorgungsqualität, sie sanktionieren Fehlverhalten und stellen auch die Zusammenarbeit mit Europa sowie den umliegenden Ländern sicher. Regulatoren sollten eigentlich nur Gesetze vollziehen, doch ist es einem Politfuchs wie Carlo Schmid nicht zu verübeln, dass er Vater der wenigen Gesetzesanpassungen im StromVG der vergangenen zehn Jahr ist und diese in enger Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen Partnern aus dem Ständerat durchgezogen hat.

Informativer Jahresbericht

Der neuste Jahresbericht der ElCom zeigt auf, wie umfassend sich die ElCom mit dem Strommarkt auseinandersetzt. Da werden verschiedenste Daten zur Länge der Netze, zum Wert der Netze, Grösse der einzelnen Unternehmen sowie durchgeführten Erhebungen präsentiert. Da finden sich hochinteressante Darstellungen zu den regionalen Unterschieden von Strompreisen sowie Netznutzungstarifen. Da werden kritische Überlegungen zur Einbindung in das europäische System sowie die politische Absicherung angesichts des fehlenden Stromabkommens präsentiert. Da finden sich auch klare Aussagen zum Stand der Versorgungssicherheit in den Wintermonaten sowie zur Notwendigkeit, dass die Politik Entscheidungen zur Erhöhung der Inlandstromproduktion trifft. Obwohl die Studien von BFE sowie ElCom zur System Adequacy kaum gross unterschiedliche Resultate zeigen, werden Schlüsse gezogen, welche unterschiedlicher kaum sein könnten. Natürlich freut sich die Schweizer Stromwirtschaft, wenn sie in dieser Frage vom Regulator Schützenhilfe erhält, denn damit erhöhen sich die Chancen, dass wegen der angemahnten fehlenden Rentabilität von Neuinvestitionen Subventionen oder andere Goodies vom Staat ausgeschüttet werden.

Simonetta Sommaruga will Antworten geben

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat in ihrem Referat vom vergangenen Montag bei Swisscleantech klargemacht, dass sie die Befürchtungen von ElCom, Parlament sowie Bevölkerung zur Versorgungssicherheit ernst nimmt und Antworten dazu geben will. Denkbar sei auch eine weitergehende Förderung der erneuerbaren Energien. Ob dies dem Wunschzettel von ElCom sowie Stromwirtschaft entspricht, mag vorläufig offen bleiben – Freude dürfte immerhin die Regierungskonferenz der Gebirgskantone haben: der Druck auf eine Flexibilisierung der Wasserzinsen dürfte auf weitere Jahre zurückgehen, wenn staatliche Unterstützungen für Wasserkraftinvestitionen im Raum stehen.

Die ElCom und Europa – die lange und die kurze Sicht

Die ElCom hat eine nicht geringe Europaskepsis, sie sieht längerfristig auch den möglichen Beitrag der umliegenden Länder zur Lösung der Probleme der Versorgungssicherheit Schweiz für beschränkt an. Die ElCom publiziert aber wöchentlich einen Termin- und Spotmarktbericht, in welchem sie primär die Entwicklungen an den Börsen der umliegenden Länder analysiert (manchmal werden aber auch Ereignisse wie das chinesische Neujahr zur Erklärung von kurzfristigen Preisschwankungen herangezogen). Ist die Publikation derartiger wöchentlicher Analysen mehr als eine Fleissarbeit für eine nicht genau definiertes Publikum? Händler brauchen täglich zeitnahe Informationen und Börsendienste liefern diese, zudem produzieren einzelne Stromfirmen wie die Baselbieter EBL ihre wöchentlichen Analysen für die Interessierten. Die normalen Endkonsumenten, die ja die wesentliche Zielgruppe der ElCom sein sollten, haben einen von den täglichen Entwicklungen an den europäischen Strombörsen aber völlig unabhängigen Vertrag mit dem lokalen Elektrizitätswerk: sie können ja nicht einmal den Anbieter wählen, deshalb interessieren sie die täglichen Schwankungen auf den europäischen Strommärkten nur minim.

Die ElCom und die Innovation

Der Strommarkt ist in einem umfassenden Wandel, digitale Tools drängen in den Markt, Innovationen wollen getestet und start-ups mit ihren Produkten sowie Dienstleistungen erste Versuche fahren. Vor Jahresfrist wurde das zusammen mit der ETH Zürich konzipierte Projekt „Quartierstrom Walenstadt“ an einer ElCom-Veranstaltung vorgestellt und durchaus wohlwollend kommentiert. An der Swisscleantech-Veranstaltung von dieser Woche habe ich von den Initianten erfahren, dass bei der ElCom aber noch immer juristische Bedenken gegen dieses Projekt vorhanden sind. Man fürchte eine Ungleichbehandlung der Konsumenten, man denke, dass das Modell gar den Markt revolutionieren könne. Als könnte man heute davon ausgehen, dass die Konsumenten in unserem Land überall in Sachen Strom gleich behandelt und den Strom zu gleichen Bedingungen beziehen könnten. Schade, dass bei der ElCom die Juristinnen in Innovationsfragen prägend wirken, sie sind in Zeiten des Changes nicht sehr hilfreich.

Die ElCom und ihre Liebe zur Swissgrid

In der Schweiz ist Swissgrid für 14% der gesamten Netznutzungskosten (inkl. Systemdienstleistungen) verantwortlich. Regulatoren befassen sich aber lieber mit einigen wenigen grossen Firmen als mit 600 kleinen und mittleren Unternehmen, die man kaum alle umfassend prüfen kann. Deshalb wurde Swissgrid in den vergangenen Jahren von der ElCom eingehendst kontrolliert, Details wie die Aufwendungen für Kommunikation oder IT sehr kritisch hinterfragt und am Schluss per Verfügung sanktioniert. Demgegenüber wurden die kleinen und mittleren EWs eher summarisch kontrolliert und hatten Abweichungen vom Durchschnitt zu begründen, nur wenn sich daraus Anhaltspunkte ergaben, wurden die Bücher genauer angeschaut. Detailprüfungen bei einzelnen nach Zufallskriterien ausgewählten EVUs wurden nicht vorgenommen.

Danke an Carlo Schmid – Sutter: nun ist Simonetta Sommaruga am Zug

10 Jahre ElCom in action – mit dem Rücktritt von Carlo Schmid – Sutter geht eine Aera zu Ende. Er hat die Aufbauphase geprägt, er hat die Arbeit mit grossem Engagement verrichtet und wurde von Branche sowie Konsumenten breit akzeptiert. Ein grosses Dankeschön für seinen Einsatz. Nun ist es an Simonetta Sommaruga, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu suchen, welche neue Schwerpunkte setzt und dem Sekretariat aufzeigt, wohin in einer Zeit des Wandels der Weg hingehen sollte.

 

Erscheint am 27. Juni im Energate Messenger